Die Strahlung meines überdimensionierten Bildschirms brennt sich in meine Netzhaut. Nachdem ich 12 Stunden mit der Planung meines Amoklaufs verbracht habe reicht es mir mit World of Warcraft. Ich wische über meine zentimeterdicke, beschlagene Brille. Meine nasse, wulstige Hand greift schwerfällig nach der Counterstrike CD.
Der Versuch meine sexuelle Frustration durch das Töten junger Mütter samt Säuglingen zu kompensieren gelingt. Ich beende die Counterstrike Runde indem ich dem Jesus Christus NPC den Arm abreiße, diesen anzünde und mit meinem brennenden Jesus-Arm-Schlagstock die letzte campende Nonne auf der Map erschlage.
Mein einziger Gedanke: LOL!
Zu guter Letzt muss ich feststellen, dass mein Körpergeruch unerträglich geworden ist. Mit den vielen virtuellen Machtphantasien die mich seit so langer Zeit in Spielsucht und Isolation treiben geht eine mangelnde Hygiene einher.
So dürfte der Alltag eines durchschnittlichen Gamers aussehen, glaubt man den Medien. Seit gezockt wird, wird diffamiert. Vorurteile und Klischees formten schon immer das Bild der Zockergemeinde innerhalb der Gesellschaft.
So war es nicht verwunderlich dass RTLs Berichterstattung über die Gamescom 2011 in die selbe Kerbe schlug:
Der Stein des Anstoßes
Eigentlich ist der kurze RTL Explosiv Einspieler kaum ernst zu nehmen. In Anbetracht dutzender Berichte welche Gamer als potenzielle Amokläufer darstellen war er fast schon schmeichelhaft. Doch das ist nicht der Punkt.
Die Gamergemeinschaft ist groß und gut vernetzt. Zocken ist salonfähig geworden und die Zockenden lassen sich nicht mehr alles gefallen. Gezockt wird überall. Unabhängig von Einkommen, Body Mass Index, Herkunft und bald auch: Alter.
Mit etwas Glück werde ich noch miterleben wie ein Kanzler vereidigt wird, der in seiner Freizeit gerne mal auf de_dust rumlief und keine Zeit mehr findet sich mit seinem Level 85 Schamanen zu beschäftigen. Und das wird absolut uninteressant sein. So trivial wie die Tatsache, dass Frau Merkel gerne einen Film guckt oder ein Buch ließt. Denn: Games werden ein ebenso etabliertes Medium sein wie es Filme, Bücher und Musik bereits sind. Das sind sie eigentlich heute schon, es ist nur noch nicht überall angekommen. Bei RTL zum Beispiel noch nicht, doch dafür dürfte mittlerweile gesorgt sein.
Ein viel fragwürdigeres Medium ist das Fernsehn selbst. Wenn uns dieser kleine TV-Ausschnitt der Ignoranz eines gelehrt hat, ist es wohl die Tatsache, dass wir mit Skepsis in die Röhre gucken sollten und Berichterstattung, auch über das Thema "Gaming" hinaus, stets hinterfragen sollten. Oder wir machen gleich die Glotze aus, geben Heavy Rain gegenüber dem "Tatort" den Vorzug, beschaffen uns unsere Nachrichten aus dem Netz und machen unser eigenes Programm.
Das Fernsehen ist dagegen so "von gestern", dass ich beim Einschalten mancher Sender glaube, einen fauligen Geruch zu vernehmen. Vielleicht ist es der Schweiß der Fernsehverantwortlichen, die sich abstrampeln um uns etwas anderes weis zu machen.